Aus meiner langjährigen Einsatzerfahrung in der Druckkammer Überlingen kann ich sagen, dass es immer wieder die wenigen gleichen Ursachen sind, die zu einem Tauchunfall führen. Bis auf wenige Unfälle sind alle vermeidbar gewesen, weil vorhersehbar. Ein Druckkammerseminar ist eine lohnenswerte Sache, viele erfahrene Taucher kommen jedes Jahr und lernen immer etwas dazu oder bekommen Sachverhalte in Erinnerung gerufen.

 

Ursache Nr. 1 ist die Dehydrierung

(Schon im normalen Leben trinken wir zuwenig „gute“ Flüssigkeiten wie verdünnte Fruchtsäfte, Früchtetees, kohlensäurearme Wasser oder isotonische Getränke). Zum Frühstück gibt es 2-3 Tassen Kaffee, anschliessend zwei Stunden Fitness-Studio. Vor dem Tauchen wird wenig bis nichts getrunken, weil es keine Toiletten am Tauchplatz gibt und um nicht schon nach 20 Minuten in den Anzug zu … Beim Tauchen atmen wir extrem trockene Luft und schwitzen im Anzug bevor es ins Wasser geht. Wenn wir eine Weile im Wasser sind, meldet sich die volle Blase. All dies ist schlichtweg Wasser, was dem Körper entzogen wird. Die Gewebe sitzen auf dem Trockenen, das Blut wird zu Sirup.

Der eingeatmete Stickstoff -78% unserer Atemluft!- wird zwar ins Gewebe und das Blut „reingeatmet“, kann aber durch die trägen ausgetrockneten Gewebe und das eingedickte Blut und den kältebedingt schlechter durchbluteten Körper nicht wieder über die Lunge abgeatmet werden. Unser Tauchcomputer weiss nicht, wie es uns geht und was wir vor dem Tauchen getrunken und getan haben oder eben nicht. Er rechnet sein Modell, zeigt „0“ und der eine oder andere kann dann die Aussicht über den Bodensee vom Spital aus geniessen, obwohl genau nach Computer getaucht wurde.

 

Hand in Hand mit der Dehydrierung geht auch die Anstrengung und Erschöpfung vor, während und nach dem Tauchen.

Ein langer Weg zum Tauchplatz in voller Montur, anstrengende Arbeitstage, lange Anreisen, Stress und Ärger in Familie und Beruf, Fastenkuren, Erkrankungen die zehren, sportliche Betätigung – auch Sauna und Thermalbäder, heisses Duschen.

Durch die Mehrdurchblutung und Erwärmung des Körpers wird der noch im Körper vorhandene Stickstoff in grossen Mengen und grossblasig freigesetzt, er kann nicht über die Lunge abgeatmet werden und führt so zu einem Tauchunfall.

 

 

Ursache Nr. 2 ist die Unkenntnis des Tauchplatzes, Unerfahrenheit mit der Ausrüstung, Flüchtigkeitsfehler erfahrener Taucher

 

Wer kommt auf die Idee, einen Trocki an folgendem Tauchplatz das erste Mal auszuprobieren: Anmarsch 200m mit einer Steigung, steile Halde bis ca. 20m Wassertiefe, anschliessend eine Abbruchkante senkrecht bis ca. 45m, stockdunkel trotz Tageszeit, Wassertemperatur ab 25m 5°C. Am Abend vorher reichlich Bier, wenig geschlafen und einen besonders „alten Hasen“ (Mediziner von Beruf) mit Bluthochdruck und kurz vorher absolvierter Fastenkur zum Einweisen ins Trockentauchen. (Dies alles waren Faktoren eines einzigen Tauchunfalles).

 

Oder:

 

  • An einer Steilkante sitzend die Flossen (Maske hing noch am Hals) anziehen wollen, abrutschen und ohne Flossen und Maske ab in die Tiefe.
  •  Der Inflator des Jacket oder vom Trocki ist nicht angeschlossen.
  • Der Reissverschluss des Trocki ist nicht komplett geschlossen.
  • Flaschenventile gar nicht oder nur halb geöffnet.
  • Verlust der Bleitaschen wegen verschmutzten und ausgefransten Klettverschlüssen.
  • Mundstück des Atemreglers ist nur aufgesteckt.
  • Bei Minustemperaturen die 2. Stufe erst ins Wasser hängen, dann wieder rausnehmen und womöglich noch den Luftduschenknopf drücken oder probeatmen.
  • Eine Gruppe verlässt sich auf einen Kollegen, der vor Jahren mal an diesem Tauchplatz war, selbst hat man genauso wenig Ahnung wie die anderen.
  • Da wird festgestellt, dass das Maskenband immer noch angerissen ist, obwohl man es nach dem letzten Tauchgang 100% endlich austauschen wollte.
  • Wieso bläst es aus der 1. Stufe? Ach ja, neulich hat ein Fremder am Tauchplatz gefragt, ob man nicht einen Verschluss-Stopfen hätte, er war weit angereist und stand jetzt da… .

 

Frage in die Runde:

 

  • wer hat einen Adapter dabei? Blöderweise ist an der 1. Stufe der INT – Anschluss vom Urlaub noch dran und die Regler sehen auch noch ziemlich versalzen aus. Ach ja, die hätten nach dem Urlaub in den Service sollen und auch umgebaut. Am Montag aber geht es gleich in die Werkstatt diesmal
  • Der Zusammenbau der Ausrüstung erfolgt nicht ruhig und konzentriert, man ist abgelenkt durch Gespräche und das Handy. So wird manches übersehen oder vergessen. Die Abläufe geraten durcheinander.

 

Wir haben sicher alle schon einmal miterlebt, wie sich kleinere Pannen vor dem Tauchen summieren und sich unter Wasser fortsetzen. Wir sind etwas unsicherer, fühlen uns nicht ganz so wohl wie sonst, schauen öfter auf Fini und Computer und nach den Kollegen, atmen heftiger. Unser Unterbewusstsein arbeitet immer noch an den kleinen Pannen und meldet höhere Alarmbereitschaft.

Daraus resultiert Stress. Geschieht dann unter Wasser etwas unvorhergesehenes, können wir nicht mehr ruhig und angemessen darauf reagieren.




Powered by Tauchkiste®2019